1. Was ändert sich unter dem Pariser Klimaschutzabkommen konkret?
  2. Gibt es keine internationalen Regeln zur Vermeidung von Doppelzählungen?
  3. Wieso haben die Regelungen auch Auswirkungen für die freiwillige Kompensation?
  4. Was können Projektbetreiber tun, um Doppelzählungen zu verhindern, solange es keine internationalen Regeln gibt?
  5. Gibt es solche Vereinbarungen schon?
  6. Macht es für das Doppelzählungsrisiko einen Unterschied, ob ein Projekt CDM-registriert ist, oder nicht?
  7. Was bedeutet der Übergang vom Kyoto Protokoll zum Pariser Klimaschutzabkommen für mich als Privatkunde/Privatkundin?

Was ändert sich unter dem Pariser Klimaschutzabkommen konkret?

  • Unter dem Kyoto Protokoll hatten nur Industrie- und Schwellenländer bindende quantitative Minderungsziele, die meisten Länder des globalen Südens dagegen nicht. Emissionsreduktionen, die dort in Klimaschutzprojekten erzielt wurden, wurden daher durch die Gastländer der Projekte nicht erfasst oder beansprucht.
  • Unter dem Pariser Klimaschutzkommen haben alle Vertragsstaaten verbindliche Minderungsziele. Diese und Maßnahmen zur Umsetzung legen sie in ihren Nationally Determined Contributions (NDCs) fest. In Klimaschutzprojekten erzielte Emissionsreduktionen erfassen die Gastländer in Zufkunft (bis auf möglicherweise wenige Ausnahmen in einer Anfangsphase) automatisch und berichten sie an die Vertragsstaaten als Beitrag zur Erreichung ihrer in den NDCs gesetzten Ziele
Ein Beispiel: Wenn ein ausländischer Investor in eine Solaranlage im Senegal investiert, die dort Strom ins Netz einspeist, rechnet Senegal sich die hierdurch eingesparten Tonnen CO2 auf seine Ziele im Energiesektor an. Wenn nun der Investor, die erzielten Emissionsreduktionen zur Kompensation verwenden möchte, werden die Emissionsreduktionen doppelt beansprucht. Dies ist ein Problem, weil das Gastland, wenn es sich die Emissionsreduktionen aus dem Klimaschutzprojekt anrechnet, nun entsprechend weniger Tonnen selbst mindern wird. Das bedeutet, dass letztlich keine Emissionen eingespart wurden, und der Investor nicht wirksam kompensiert hat. Projektbetreiber müssen daher selbst aktiv werden und eine Vereinbarung mit den Gastländern ihrer Projekte treffen.

Gibt es keine internationalen Regeln zur Vermeidung von Doppelzählungen?

Derzeit gibt es diese Regeln noch nicht. Der Verhandlungstext von Madrid (COP25) zu Artikel 6.2 des Pariser Klimaschutzabkommens schlägt zur Vermeidung von Doppelzählungen vor, dass die Gastländer von Klimaschutzprojekten die in den Projekten erzielten Emissionsreduktionen, die für die Kompensation genutzt werden sollen, in ihrer Berichterstattung ausweisen und nicht auf ihre Minderungsziele anrechnen. Dieser Vorgang wird als Corresponding Adjustment (CA) bezeichnet. Doch die Verhandlungen hierzu laufen noch und eine Entscheidung ist frühestens nach der COP im November 2021 zu erwarten. Auch werden voraussichtlich die Gastländer entscheiden dürfen, ob und für welche Projekte sie solche CA vornehmen. Daher bleibt eine Abstimmung mit den Gastländern dringend notwendig.

Wieso haben die Regelungen auch Auswirkungen für die freiwillige Kompensation?

Für die Berichterstattung unter dem Pariser Klimaschutzabkommen erfassen die Projektgastländer alle Emissionsreduktionen innerhalb ihrer Grenzen, die für ihr NDC relevant sind. Dabei zählen sie automatisch auch Reduktionen aus Klimaschutzprojekten mit, die Projektbetreiber wie atmosfair für die freiwillige Kompensation verwenden. Wenn die Tonnen weiterhin zur Kompensation genutzt werden sollen, müssen sie aus der Berichterstattung für das NDC herausgerechnet werden, zum Beispiel durch Corresponding Adjustments. Deshalb muss es auch für den freiwilligen Markt Vereinbarungen mit den Gastländern geben, die Doppelbeanspruchung von Emissionsreduktionen verhindern. Solange es hierzu keine international verbindlichen Regeln gibt, liegt die Verantwortung, solche Vereinbarungen zu treffen, bei den Projektbetreibern. Suchen diese nicht den Dialog mit den Gastländern ihrer Projekte, sind Doppelzählungen sehr wahrscheinlich.

Nach wie vor gibt es im freiwilligen Markt Akteure, die bei der Nutzung von Emissionsreduktionen für die freiwillige Kompensation kein Doppelzählungsrisiko sehen, und damit auch keine Notwendigkeit für Vereinbarungen mit den Gastländern und Corresponding Adjustments . Hierzu gehören etwa die International Carbon Reduction and Offset Alliance (ICROA), die ihre Position in einem Kurzpapier zusammenfasst, und die amerikanische NGO Verra, welche Standards für die Zertifizierung von Klimaschutzprojekten bietet (zur Position von Verra).

Doch die Erkenntnis, dass Corresponding Adjustments auch für den freiwilligen Markt notwendig sind, setzt sich langsam durch – bei Standards, Marktbeobachtern und Projektbetreibern. Gold Standard, als einer der führenden Standards im freiwilligen Markt, betont, wie wichtig es ist, dass auch die freiwillige Kompensation mit den Zielen und Regeln des Pariser Klimaschutzabkommens vereinbar ist. Gold Standard plant deshalb, für Emissionsreduktionen, die zur Kompensation verwendet werden sollen, zukünftig einen Nachweis darüber einzufordern, dass das Gastland sich diese nicht anrechnet.

Was können Projektbetreiber tun, um Doppelzählungen zu verhindern, solange es keine internationalen Regeln gibt?

Betreiber von Klimaschutzprojekten können und sollten versuchen, von den Gastländern ihrer Projekte eine formale Zustimmung (‚Autorisierung‘) zu erhalten, dass die Projekte unter dem Pariser Klimaschutzabkommen fortgeführt werden dürfen, und die erzielten Emissionsreduktionen im Ausland, z. B. für die Kompensation genutzt werden dürfen. Das Gastland würde sich damit verpflichten, Corresponding Adjustments durchzuführen. So würden die Emissionsreduktionen nicht doppelt beansprucht und die Kompensation mit solchen Emissionsreduktionen wäre wirksam.

Gibt es solche Vereinbarungen schon?

Im verpflichtenden Markt gibt es erste Pilotprojekte für die Zusammenarbeit mit Gastländern unter Artikel 6, für die entsprechende Vereinbarungen getroffen wurden. Im freiwilligen Markt nimmt atmosfair mit seiner Vereinbarung mit Nepal bisher eine Vorreiterrolle ein:

  • Verpflichtender Markt: Die Schweiz hat u.a. mit Ghana und Peru Abkommen über eine Zusammenarbeit in Klimaschutzprojekten im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens geschlossen.
  • Freiwilliger Markt: Für den freiwilligen Kompensationsmarkt gab es solche Abkommen bisher nicht. 2021 hat atmosfair mit Nepal die erste Vereinbarung über die Vermeidung von Doppelbeanspruchung der Emissionsreduktionen aus atmosfairs Projekten in Nepal geschlossen. Nepal sichert darin schriftlich zu, dass es Vorkehrungen treffen wird, um Doppelbeanspruchung zu verhindern. Emissionsreduktionen aus unseren Projekten in Nepal tragen somit kein Doppelzählungsrisiko. atmosfair ist damit führend im freiwilligen Markt, wie Silke Karcher, Leiterin des Referats für EU-Klima- und Energiepoltik, Europäische Klimaschutzinitiative, Kohlenstoffmärkte im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) bescheinigt. Mit unseren anderen Projektländern arbeiten wir ebenfalls an entsprechenden Vereinbarungen, die Kompensation auch unter dem Pariser Klimaschutzabkommen ermöglichen werden. atmosfair hat diesen Prozess bereits früh begonnen, und profitiert hierbei davon, dass die Projekte CDM-registriert sind. Die Gastländer haben diesen Projekten bereits einmal zugestimmt, und ihren Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung im Land anerkannt

Macht es für das Doppelzählungsrisiko einen Unterschied, ob ein Projekt CDM-registriert ist, oder nicht?

CDM-Projekte haben gegenüber Projekten, die nicht unter dem CDM registriert sind, zwei Vorteile:

  1. Sie sind im Gastland bereits bekannt. Die Länder haben die Projekte geprüft, bestätigt, dass sie zu nachhaltiger Entwicklung beitragen und zugestimmt, dass sie unter dem Kyoto Protokoll durchgeführt werden dürfen. Projekte, die unter einem Standard aus dem freiwilligen Markt wie z. B. Gold Standard oder Verra registriert sind, kennen die Gastländer in der Regel nicht. CDM-Projekte haben deshalb eine bessere Ausgangsposition, um die Zustimmung der Gastländer zur Fortführung unter dem Pariser Klimaschutzabkommen und Corresponding Adjustments zu erhalten.
  2. Sie unterliegen der Aufsicht der Vertragsstaatenkonferenz (COP). Die COP trägt die Verantwortung dafür, die Rahmenbedingungen für diese Projekte so zu setzen, dass sie keine Doppelzählungen zulassen. Auch gibt es ein weltweites, transparentes und von den Vertragsstaaten anerkanntes Register für CDM Projekte. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Corresponding Adjustments für exportierte Emissionsreduktionen auch tatsächlich durchgeführt werden. Standards im freiwilligen Markt wie der Gold Standard haben ihre eigenen Register, die nicht der Aufsicht der Vertragsstaaten unterliegen.

Wichtig ist aber auch für ehemalige CDM-Projekte, dass, z. B. durch den Projektbetreiber, nachgewiesen werden kann, dass ein Dialog über Corresponding Adjustments begonnen wurde, und das Gastland Corresponding Adjustments nicht ablehnt. atmosfair kann diesen Nachweis für die meisten seiner Projekte bereits jetzt erbringen.

Was bedeutet der Übergang vom Kyoto Protokoll zum Pariser Klimaschutzabkommen für mich als Privatkunde/Privatkundin

Die Rahmenbedingungen für die Kompensation ändern sich, nicht aber Qualität und Wirkung der Projekte:

  • Qualität und Wirkung der Projekte unverändert. Ihre Klimaschutzbeiträge ermöglichen hochwertige Klimaschutzprojekte, die Emissionen mindern und zu nachhaltiger Entwicklung in den Gastländern beitragen, indem sie z. B. Arbeitsplätze schaffen und Zugang zu sauberen, bezahlbaren Energiequellen herstellen. Hieran ändert sich auch unter dem Pariser Klimaschutzabkommen nichts. Die Qualität unserer Projekte und ihre Wirkung bleiben unverändert. Auch werden wir die Emissionsreduktionen und Wirkungen weiterhin erfassen und von unabhängigen Auditoren prüfen lassen.
  • Kompensation fraglich. Solange es noch keine Vereinbarung mit dem Gastland über die Verwendung der in den Projekten erzielten Emissionsreduktionen gibt, und nicht geklärt ist, wie diese aus der Berichterstattung des Gastlandes über sein NDC herausgerechnet werden, bleibt jedoch unsicher, ob man bei den geleisteten Klimaschutzbeiträgen weiterhin von Kompensation sprechen kann. Hier haben unsere CDM-Projekte aber gute Voraussetzungen, da sie in den Ländern bekannt sind. Auch muss die Staatengemeinschaft für CDM-Projekte eine Lösung finden, die Doppelzählungen vermeidet (s. Abschnitt 6). Das Doppelzählungsrisiko für diese Projekte ist damit gering .

Was dies für Sie bedeutet, hängt davon ab, welchen Stellenwert Kompensation für Sie hat:

  • Ich bin Spender:In: Haben Sie uns Ihre Klimaschutzbeiträge bisher ohnehin als Spende, d. h. nicht an eine bestimmte Anzahl von Tonne für die Kompensation als Gegenleistung geknüpft, zur Verfügung gestellt, ändert sich für Sie nichts.
    Oder Sie haben zwar kompensiert, doch war der Ausgleich der eigenen Emissionen für Sie nebensächlich und letztlich nur wichtig, dass ihr Klimaschutzbeitrag wirkungsvoll Emissionen vermeidet und zu nachhaltiger Entwicklung beiträgt. Dessen können Sie sich bei Unterstützung von atmosfair Projekten sicher sein, auch wenn Kompensation nicht mehr möglich sein sollte . Auch für Sie ist daher der Übergang von Kyoto nach Paris praktisch ohne Bedeutung.
  • Ich möchte kompensieren: In diesem Fall haben wir Optionen für Sie auf der Seite ‚Für Geschäftskunden` zusammengestellt.