Glaubwürdiger Klimaschutz - Wie geht das?

Klimaneutral, CO₂-neutral, Net Zero – immer mehr Unternehmen versuchen sich mit solchen Schlagworten vom Wettbewerb abzuheben. Häufig verbirgt sich dahinter jedoch nichts mehr als Greenwashing – ohne Änderungen im eigenen Unternehmen und Finanzierung möglichst kostengünstiger Aktivitäten andernorts, deren positiver Effekt für das Klima potentiell gering ist.

Dies wird zunehmend kritisch hinterfragt – nicht nur von Verbraucher:innen und Umweltschutzorganisationen. Namhafte Zeitungen und Magazine, wie FAZ, Vogue oder der Spiegel, berichten über Greenwashing. Zuletzt hat die Wettbewerbszentrale mehrere Unternehmen abgemahnt und mit Unterlassungsklagen begonnen, da durch die Verwendung des Wortes „Klimaneutralität“ der Eindruck erweckt wird, die Klimaneutralität wurde alleinig durch emissionsvermeidende bzw. emissionsreduzierende Maßnahmen erreicht worden und nicht mithilfe von CO₂-Zertifikaten.

Zu glaubhaftem Klimaschutz gehört also deutlich mehr als ein netter Slogan und eine kleine Investition in Klimaschutzprojekte. Aber wie kann glaubhafter Klimaschutz erreicht werden?

Erst Reduzieren dann Kompensieren

Glaubwürdiger Klimaschutz heißt zu allererst Emissionen zu vermeiden und reduzieren – getreu des atmosfair-Mottos “Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren”. Für Unternehmen sind Emissionsreduktionen aus mehreren Gründen sinnvoll.

  • KLIMA Damit wir die Erderhitzung auf 1,5 oder 2 Grad begrenzen können, müssen Industrieländer signifikant Emissionen reduzieren – nicht erst in 10 Jahren, sondern sofort.
  • STAKEHOLDER, INVESTOREN Investitionen in nachhaltige Fonds haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Die EU-Taxonomie zielt darauf ab, Investitionen in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten weiter zu fördern.
  • GESETZE Außerdem gibt es immer mehr Regularien, die dafür sorgen könnten, dass Emissionsreduktionen auch zu geringeren Kosten führen werden, z.B. in der Logistik und im Einkauf. Hierzu gehören z.B. die CO₂-Steuer in Deutschland ​​und die aktuell diskutierten “Fit for 55”-Regelungen der EU.
  • KUND:INNEN, MITARBEITENDE, BUSINESS CASE Zu guter Letzt werden Nachhaltigkeit und Klimaschutz für Kund:innen und Mitarbeitende immer wichtiger.

Um signifikante Reduktionen erreichen zu können, ist eine Analyse des Status Quo sowie eine klare Reduktionsstrategie relevant. Ziele für Emissionsreduktionen dienen dabei sowohl intern als Richtungsweiser als auch extern als Signal für glaubwürdige Klimaschutzambitionen. Zur Setzung von Reduktionszielen gibt es unterschiedliche Ansätze: Diese reichen von eigenentwickelten Zielen über Pledges ohne genaues Reduktionsziel bis zu wissenschaftsbasierten Methoden mit spezifischen Reduktionszielen. Wissenschaftsbasierte Methoden stellen sicher, dass die Reduktionsziele eines Unternehmens einen nachweislichen Beitrag zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels leisten.  Die “Science Based Targets Initiative” (SBTi) ist eine der bekanntesten Organisationen, die Berechnungsansätze für Reduktionsziele kostenlos zur Verfügung stellt und darüber hinaus die von den Unternehmen gesetzten Ziele validiert.

Unvermeidbare Restemissionen können kompensiert werden. Mit qualitativ hochwertigen Kompensationsprojekten als Ergänzung zu Emissionsreduktionen können Unternehmen so direkt und unkompliziert einen Beitrag zur Energiewende Nord-Süd leisten und ihren Kund:innen aktiven Klimaschutz signalisieren.

Informationen dazu, wann Kompensation aus Klimasicht sinnvoll sein kann, finden Sie hier.

Klimaschutz-Ambition von Unternehmen erkennen

Marketing rund um “Klimaneutralität” ist häufig irreführend und stellt nicht sicher, dass sich ein Unternehmen ambitioniert für Klimaschutz einsetzt. Aussagekräftiger – und sicherer – sind realistische, gleichzeitig ambitionierte Reduktionsziele und -maßnahmen sowie die Qualität der finanzierten Klimaschutzaktivitäten.

Kommunikation: Transparenz ist wichtig

Das Wichtigste bei der Kommunikation von Klimaschutz-Aktivitäten ist Transparenz. Damit können Klimaschutz-Ambitionen, selbst wenn sie noch am Anfang stehen, glaubhaft dargestellt und Kommunikationsrisiken gleichzeitig vermieden werden. Die folgenden Beispiele sind plakativ, können jedoch vielleicht eine Richtung für gute Kommunikation aufzeigen

Kompensation oder Projektförderung: Welche Claims sind angemessen?

Mit dem Ablösen des Kyoto-Protokolls durch das Pariser Klimaschutzabkommen ändern sich die Rahmenbedingungen für die Kompensation auf dem Freiwilligen Kohlenstoffmarkt.  Daraus ergibt sich die wichtige  Frage für Unternehmen, wie sie Kompensation – mit Corresponding Adjustments – bzw. eine Projektförderung – nach dem Contribution Claim Modell – marketingwirksam und rechtlich sicher kommunizieren können. An dieser Stelle sollte beachtet werden, dass nur mit Vorliegen von Corresponding Adjustments von Kompensation gesprochen werden kann. Contribution Claims hingegen sind nicht mit einer Kompensation von Emissionen zu verwechseln.

Hintergrundinformationen zu den Unterschieden zwischen Kompensation mit Corresponding Adjustments und Projektförderung nach dem Contribution Claim Modell finden Sie hier.

Mögliche Claims mit Kompensation

Auf dem Weg zur Klimaneutralität kann die Kompensation dazu dienen, unvermeidbare bzw. Rest-Emissionen in gleicher Höhe andernorts einzusparen. Daraus ergeben sich realistischere Claims wie “CO₂-Neutralität” oder “Netto-Null-Emissionen” (Pineda et al., 2020). Diese Ziele sollten langfristig jedoch ohne Kompensation, sondern durch Emissionsminderungen erreicht werden. Für Emissionen, die nicht vermieden werden können, müssen der Atmosphäre in gleicher Höhe Emissionen wieder entzogen werden (Neutralisierung). Kompensation kann in der Übergangsphase bis zur Zielerreichung eingesetzt werden, um zur CO2-Neutralisierung beizutragen. Wenn sich ein Unternehmen als „CO₂-neutral durch Kompensation“ bezeichnet, macht es durch den Zusatz deutlich, dass Restemissionen anfallen, die nicht neutralisiert werden, und das finale Klima-Ziel noch nicht erreicht ist.

Mögliche Claims mit Contribution Claim Modell

Da beim Contribution Claim Modell die Emissionsminderungen, die durch ein Projekt erzielt wurden, nicht auf den Spender übertragen werden, können Unternehmen in diesem Fall keine Kompensation- oder Neutralitäts-Claims nutzen. Genau wie bei der Kompensation übernimmt das Unternehmen Klimaverantwortung und leistet einen wichtigen Beitrag zur Technologieentwicklung im Gastgeberland und zum globalen Klimaschutz. Gastland bei helfen, Claims, die die (finanzielle) Unterstützung der Projektländer in der Erreichung ihrer Klimaschutzziele verdeutlichen, sind z.B.: ‘CO₂-freundlich durch Klimainvestition im Gastgeberland’ oder auch ‘klimafreundlich durch Technologie-Investition im Gastgeberland’.  Wichtig bei den gewählten Slogans ist, dass nicht der Anschein entsteht, dass das Unternehmen Emissionen aus der eigenen Wertschöpfungskette per Emissionsminderungen aus dem Projekt ausgleicht.

Ihre Ansprechpartnerin bei atmosfair

Christiane Brosche
Business Development Managerin
M.Sc. Soziale Ökologie