Kompensation versus Doppelzählung unter dem Pariser Klimaschutzabkommen

Die neuen Rahmenbedingungen unter dem Pariser Klimaschutzabkommen erfordern es sich mit der Thematik der  Doppelzählungen vertraut zu machen, um Doppelzählungen  von Emissionsreduktionen zu vermeiden. Folgende Tabelle zeigt, wann es zu Doppelzählungen kommt und bietet einen Überblick über verschiedene Optionen, diese zu vermeiden.

Zeilen 1 und 2 von Tabelle 1 zeigen, welche Lösungsoptionen zur Vermeidung von Doppelzählungen es gibt, mit welchem Restrisiko sie behaftet sind, und auf welche Projekte bei atmosfair sie zutreffen. Zeile 3: Gibt es keine multilaterale Lösung und findet kein Dialog mit dem Gastland statt, oder hat das Gastland Corresponding Adjustments (CAs) abgelehnt, kommt es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Doppelzählungen.

Was ändert sich für mich als Geschäftskunde/Geschäftskundin?

Was sich für Sie als Geschäftskunde/Geschäftskundin ändert, hängt davon ab, welchen Stellenwert Kompensation für Sie hat:

  • Fokus globaler Klimaschutzbeitrag/Technologieförderung: Ihnen geht es nicht um einen Ausgleich für eigene Emissionen, also um Kompensation, sondern darum, global gesehen Emissionen zu vermeiden und nachhaltige Entwicklung und Technologietransfer zu fördern? Dann bringt, wie bei unseren Privatkunden, der Systemwechsel vom Kyoto Protokoll zum Pariser Klimaschutzabkommen für Sie keine bedeutenden Änderungen mit sich. Klimaverantwortung übernehmen, global gesehen einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leisten, und sich gleichzeitig darauf konzentrieren, eigene Emissionsreduktionsziele durch Vermeiden und Reduzieren umzusetzen – dies ist auch ohne Kompensation weiterhin möglich,.
  • Fokus Kompensation: Das Vermeiden und Reduzieren von Emissionen steht für Sie klar an erster Stelle, und Sie haben sich ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten, Emissionen zu senken, oder auch Emissionen der Atmosphäre wieder zu entziehen, können Sie jedoch noch nicht auf die Kompensation unvermeidbarer Restemissionen verzichten? In diesem Fall haben wir folgende Lösungsoptionen für Sie zusammengestellt.

Welche Lösungsoptionen gibt es für die Kompensation?

Grundsätzlich besteht für die Kompensation zunächst noch die Möglichkeit, Zertifikate aus der Zeit unter dem Kyoto Protokoll (bis Ende 2020 erbracht) einzusetzen (Punkt 1.). Dies ist jedoch keine dauerhafte Lösung. Für Zertifikate, die ab dem 01.01.2021 erbracht wurden, gibt es verschiedene Ansätze, um Doppelzählungen zu vermeiden und Kompensation mit diesen Zertifikaten zu ermöglichen (Punkt 2.).

1. Kauf von hochwertigen Zertifikaten für bis Ende 2020 erzielte Emissionsminderungen

Derzeit haben wir noch genügend Zertifikate für Emissionsreduktionen, die wir in unseren Projekten vor Ende 2020 unter dem Kyoto Protokoll erzielt haben. Für diese Zertifikate gibt es kein Doppelzählungsrisiko, denn

  • unter dem Kyoto Protokoll waren die Projektländer noch keine bindenden quantitativen Verpflichtungen zur Emissionsminderung eingegangen.
  • für CDM-Projekte haben die Projektländer sogar im Zulassungsprozess der Projekte bereits formal (mit dem sogenannten Letter of Approval) erklärt, dass sie die CO2-Minderungen aus den Projekten an den ausländischen Projekteigentümer abtreten.

Grundsätzlich empfiehlt atmosfair den Kauf von Zertifikaten für Emissionsreduktionen aus der Zeit von vor Ende 2020 aber nur eingeschränkt, nämlich:

  • nur für eine Übergangszeit,
  • nur in geringem Umfang,
  • nur aus Projekten, die strenge Qualitätskriterien erfüllen.

Es ist wichtig, strikt auf die Qualität der Projekte zu achten, denn Qualität ist für den Klimaschutz zentral. Zudem könnte es sein, dass die Vertragsstaatenkonferenz für die Fortführung von Projekten unter dem Pariser Klimaschutzabkommen neue, gegebenenfalls strengere Qualitätsanforderungen festlegt. Kompensation mit Projekten, die diese neuen Vorgaben nicht erfüllen, könnte in der Öffentlichkeit als qualitativ minderwertig wahrgenommen werden.

Alle atmosfair-Projekte sind doppelt unter dem CDM und Gold Standard registriert, und genügen hohen Anforderungen an Qualitätskriterien wie Zusätzlichkeit und Permanenz. Wir sind daher zuversichtlich, dass unsere Projekte auch eventuellen neuen Kriterien unter dem Pariser Klimaschutzabkommen genügen werden.

2. Kauf von Emissionsminderungen, die nach 2020 erbracht wurden

Im Folgenden erläutern wir verschiedene Ansätze, Doppelzählungen von Emissionsminderungen, die nach 2020 erbracht wurden, zu verhindern, damit diese zur Kompensation eingesetzt werden können.

Kompensation mit Corresponding Adustments, nach Beschluss multilateraler Regeln

  • Ansatz: Wenn sich die Staatengemeinschaft darauf einigen würde, dass die Gastländer Emissionsreduktionen aus Klimaschutzprojekten, die für die Kompensation verwendet werden sollen, aus ihrer Berichterstattung und in den zugrundeliegenden CO2-Bilanzen herausrechnen, würden Doppelzählungen/Doppelbeanspruchung vermieden.
  • Mögliches Problem: Da die Vertragsstaaten aber erst im November 2021 wieder zusammentreten, und die Umsetzung der dann ggf. beschlossenen Regeln Zeit brauchen wird, könnte diese Lösung frühestens 2023 greifen. Auch wird es voraussichtlich so sein, dass Projektbetreiber auch für bereits laufende Projekte erneut die Zustimmung des Gastlandes einholen müssen, dass diese fortgeführt und die Emissionsreduktionen für die Kompensation verwendet werden dürfen

Kompensation mit Corresponding Adjustments mit bilateralen Absprachen

  • Ansatz: Projektbetreiber können versuchen, mit ihren Projektländern zu vereinbaren, dass die Projekte unter Paris fortgeführt werden dürfen, und die Länder dafür sorgen, dass in den Projekten erzielte Emissionsreduktionen nicht doppelt beansprucht werden. atmosfair hat mit Nepal bereits eine entsprechende Vereinbarung getroffen und ist dabei, auch mit seinen übrigen Gastländern Vereinbarungen zu treffen,. Für Nepal sind Doppelzählungen daher vermieden (s. Zeile 1 von Tabelle 1), für die übrigen Gastländer bleibt ein Restrisiko (s. folgende Punkte und Zeile 2 von Tabelle 1)
  • Mögliches Problem: Es ist möglich, dass die Projektländer zunächst den Ausgang der Verhandlungen abwarten, bevor sie eine Entscheidung treffen.
  • Für den Übergang: Vorbehaltliche Kompensation mit bilateralen Absprachen
    Für eine Übergangszeit, bis entweder die Staatengemeinschaft Regeln festlegt, oder die Projektländer bilateral einer Vereinbarung zur Vermeidung von Doppelzählungen zustimmen und Corresponding Adjustments einführen, steht die Kompensation unter Vorbehalt. In dieser unsicheren Situation bietet der Kauf von Zertifikaten aus CDM Projekten die meiste Sicherheit.

Welche Alternative gibt es zur Kompensation? – Das Contribution Claim Modell

Das sogenannte Contribution Claim Modell ist eine Möglichkeit für Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen, dringend benötigte Beiträge für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung zu leisten, ohne das Risiko möglicher Doppelzählung von Emissionsminderungen einzugehen. In diesem Modell berichten UnterstützerInnen von Klimaschutzprojekten über ihren Beitrag zu den Projekten. Die Emissionsreduktionen aus den Projekten aber kann das Gastland für die Erreichung seiner Klimaziele nutzen.

  • Wichtig: Hinter einem Contribution Claim steht keine Kompensation. Daher ist es auch nicht möglich, mit einem solchen Claim Netto-Null- oder Klimaneutralitätsziele zu erreichen.
  • Vorteil: Mit dem Contribution Claim Modell können Kund:Innen auch neue, innovative Projekte unterstützen, bei denen die erzielten Emissionseinsparungen mit relativ hohen Kosten verbunden sind. Solche Projekte sind deshalb für Kompensationskunden oft nicht interessant, zum Beispiel Projekte zur nachhaltigen Mobilität. Die Projekte sind aber für die Erreichung des 1,5 Grad-Ziels von Paris besonders wichtig, weil sie in den Gastländern neue Technologien voranbringen. Die Projekte können als Praxisbeispiele für die Nutzung dieser Technologien dienen, auf denen die Gastländer neue Klimaschutzmaßnahmen aufbauen können. So helfen die Projekte den Gastländern dabei, ihre Emissionsreduktionsziele und – beiträge nach und nach zu verschärfen.
  • Bezug zu den Unternehmensemissionen: Die Höhe der Klimaschutzbeiträge unter dem Contribution Claim Modell kann sich weiterhin an den Emissionen des Unternehmens orientieren. Dieses könnte einen freiwilligen Preis auf unvermeidbare CO2 Emissionen festsetzen und mit dem sich so ergebenden Geldbetrag ausgewählte Klimaschutzprojekte fördern.
  • Vorreiter NewClimate Institute: NewClimate Institute hat als eines der ersten Unternehmen diesen Weg gemeinsam mit atmosfair beschritten. Wie der ‚Climate Responsibility‘-Ansatz von NewClimate Institute funktioniert, hat das Unternehmen transparent auf seiner Webseite
    Jüngst habe sich auch Organisationen wie Boston Consulting Group (BCG) gemeinsam mit dem World Wide Fund for Nature (WWF) diesem Leitgedanken angeschlossen. Führende Standards wie der Gold Standard entwickeln derzeit Produkte, die es ermöglichen sollen, die Beiträge unter dem Contribution Claim Modell unabhängig zu bewerten und attraktiv darzustellen.