Egal ob Unternehmen sich für Kompensation unter den neuen Rahmenbedingungen des Pariser Klimaschutzabkommens entscheiden, oder für das Contribution Claim Modell als Alternative zur Kompensation: Ihr Engagement macht für den Klimaschutz nur Sinn, wenn sie hochwertige Projekte unterstützen. Im Folgenden stellen wir Kriterien für die Auswahl geeigneter Projekte vor – unterschieden in Mindestanforderungen, die in jedem Fall erfüllt sein müssen, und Qualitätskriterien, die es ermöglichen, qualitativ hochwertige Projekte zu erkennen.

Mindestanforderungen

Zusätzlichkeit und Vulnerabilität

Klimaschutzmaßnahmen müssen zusätzlicher Natur sein! Emissionseinsparungen für die Kompensation aber auch für Contribution Claims müssen daher aus Projekten stammen, die ohne die Förderung über Kompensation und Contribution Claims nicht ins Leben gerufen würden. Finanziell lohnenswerte Projekte, die Unternehmen im Gastland oder ausländische Investoren ohnehin umgesetzt hätten, erfüllen dieses Kriterium nicht.

Auf dem freiwilligen Markt gibt es eine Vielzahl von günstigen Zertifikaten. Bei diesen Billig- Zertifikaten ist das Risiko hoch, dass sie aus Projekten stammen, die auch ohne die Zusatzeinkünfte aus dem Verkauf der Zertifikate durchgeführt würden. Diese Zertifikate steigern lediglich den Gewinn des Projekts und helfen nicht, Emissionen zu reduzieren. Sie kompensieren daher auch Emissionen nicht.

Ob ein Projekt zusätzlich ist, kann daran gemessen werden, welchen Teil der Projektkosten die Förderung über Kompensation und Contribution Claims abdeckt. Leider geben derzeit noch die wenigsten Projektanbieter dazu nachvollziehbar Auskunft. Aktuell steigt die Nachfrage nach Zertifikaten für die Kompensation stark. Das Angebot, insbesondere an Zertifikaten, welche die Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllen, ist knapp. Daher besteht das Risiko, dass zunehmend auch qualitativ minderwertige alte Zertifikate auf den Markt gelangen, die bislang auf Grund ihres geringen Wertes nicht im Umlauf waren.

Dies stellt an Kompensation interessierte Unternehmen vor die Frage, welche bereits laufende Projekte auf die Einnahmen aus dem Zertifikateverkauf angewiesen sind. Solche Klimaschutzprojekte bezeichnet man auch als vulnerabel. Vulnerable Klimaschutzprojekte laufen Gefahr, die Emissionsminderungen nicht fortsetzen zu können, wenn die Einkommen aus den Zertifikaten wegfallen.

Permanenz (Dauer der Emissionseinsparung)

Emissionseinsparungen durch Klimaschutzprojekte müssen dauerhaft sein. Die eingesparten Treibhausgase dürfen nicht wieder in die Atmosphäre gelangen.

Projektstandards erfordern mitunter Risikoanalysen, schließen bestimmte risikoreiche Projekttypen, zum Beispiel Senkenprojekte, die CO₂ durch Waldschutz/Aufforstung oder Moorschutz/Wiedervernässung mindern, aus, und/oder legen Puffermaßnahmen fest, um den Schaden zu begrenzen, falls doch eingesparte Emissionen, beispielsweise durch einen Waldbrand, wieder freigesetzt werden.

Qualitätskriterien

Sind die Mindestanforderungen erfüllt, zeichnet sich ein hochwertiges Projekt vor allem dadurch aus, dass es in der Projektregion eine Veränderung (Transformation) hin zu einer nachhaltigeren Entwicklung anstößt.

Transformation I: Vereinbarkeit mit Entwicklungszielen des Gastlandes

Projekte sollten die Entwicklungsziele eines Landes möglichst stärken, ihnen zumindest aber nicht zuwiderlaufen. Projekte sollten berücksichtigen, auf welcher Stufe sich das Gastland oder die Projektregion in Bezug auf die Entwicklungsziele – wie beispielsweise einer sauberen, bezahlbaren Energieversorgung – befinden, und die Menschen vor Ort unterstützen, den nächsten Schritt zu gehen. Projekte sollten auf zukunftsfähige Technologien setzen. Keinesfalls sollten sie Auslaufmodelle fördern, für die beim gegenwärtigen Stand der Projektregion bessere und kostengünstigere Alternativen absehbar sind. Dies bedeutet zum Beispiel, dass es dort, wo es technisch möglich ist, sinnvoller ist, Haushalten eine Energieversorgung über solare Minigrids zu ermöglichen, statt isolierte solare Einzelsysteme zu fördern. Leider wird dieses Kriterium nicht von allen Projektbetreibern beachtet.

Transformation II: Abstimmung mit und Einbeziehung des Projektumfeldes

Projektentwickler sollten das Projektumfeld in der Planung berücksichtigen und es mit dem Projekt weiterentwickeln. Die Projektaktivitäten sollten auf die lokalen Voraussetzungen, wie Ressourcenverfügbarkeit und vorhandene technische Rahmenbedingungen, zugeschnitten sein. So können Ernteabfälle zu Pellets gepresst und in effizienten Öfen als Brennstoff genutzt oder Gärschlamm aus Biogasanlagen als fruchtbarer Bio-Dünger verkauft werden. Zudem ist es wichtig, lokale Partner, Unternehmen und die Bevölkerung vor Ort in die Projektentwicklung mit einzubeziehen.