Auf dem Markt gibt es eine Reihe von Standards für Klimaschutzprojekte. Sie zielen darauf ab, die Wirksamkeit und den zusätzlichen Nutzen von CO2-Minderungsprojekten sicherzustellen. Als Projektentwickler mit mehr als zehn Jahren Erfahrung hat atmosfair jedoch festgestellt, dass kein bestehender Standard die Merkmale guter Kompensationsprojekte in zufriedenstellendem Maße gewährleistet: Klimaintegrität, Nachhaltigkeit, Zusätzlichkeit (der Nachweis, dass die zusätzliche Finanzierung durch die Kompensation von CO2-Emissionen erforderlich war), Zuverlässigkeit und Nutzen für nachhaltige Entwicklung. Als Konsequenz hat atmosfair eigene Richtlinien entwickelt, die über bestehende Standards hinausgehen.
CO2-Kompensationsstandards: CDM + Gold Standard + X
Diese von atmosfair erstellte Übersicht zeigt, dass kein einzelner Standard mehr als 80 Prozent der möglichen Punkte erzielt. Um diesem Mangel zu begegnen, haben wir eigene Kriterien entwickelt, anhand derer wir unsere Projekte planen, registrieren und bewerten. Dies geschah in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium. Die resultierende Formel kombiniert CDM und Gold Standard mit unseren eigenen Kriterien „Plus X“, die auf Projekte angewendet werden, die den Wandel zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen Wirtschaft und Gesellschaft unterstützen. Zu den Plus X-Kriterien von atmosfair gehört insbesondere eine Metrik zur Quantifizierung der Zusätzlichkeit. Dieser Faktor ist bekanntermaßen schwer zu messen und wird sowohl vom CDM als auch vom Gold Standard nicht angemessen berücksichtigt. Unsere Standards umfassen die Forderung, dass die Projekte mit den Entwicklungszielen der Projektländer vereinbar sind, die Einbeziehung lokaler Gemeinschaften, um das Entwicklungspotenzial zu maximieren, sowie Technologien auszuschließen, die riskant oder nicht zur Kompensation geeignet sind.
Zusätzlichkeit: Ermöglicht Ihre Spende die Reduzierung von CO2-Emissionen?
Nicht alle Projekte, die CO2-Emissionen einsparen, sollten durch Kompensationsprogramme finanziert werden. Ein Beispiel sind große Projekte für erneuerbare Energien wie Windparks oder Wasserkraftwerke, welche Einnahmen erwirtschaften, um zuvor getätigte Investitionen wieder hereinzuholen und zudem häufig öffentlich subventioniert werden. Die Finanzierung dieser Projekte durch Kompensationsgelder wird in vielen Fällen keine zusätzlichen Kohlenstoffeinsparungen auslösen, da diese Projekte ohnehin wirtschaftlich sind. Der gegenteilige Fall wäre ein effizienter Ofen, der zu einem hoch subventionierten Preis an eine Familie im ländlichen Ruanda verkauft wird. Der Save80-Ofen von atmosfair reduziert den Kohlendioxidausstoß, indem er 80 Prozent weniger Brennholz als das traditionell genutzte Drei-Steine-Feuer verbraucht. In diesem Fall sind Mittel aus Kompensationsprogrammen für die Finanzierung der Produktion und des Vertriebs der Öfen von wesentlicher Bedeutung. Ohne sie wäre diese Technologie für arme Haushalte nicht verfügbar, und die angestrebten CO2-Einsparungen wären nicht realisierbar. Der Anteil an Projektkosten, der durch zusätzliche Finanzierung seitens des Projektbetreibers gedeckt wird – eine Kennzahl, die wir als Kohlenstoffquote bezeichnen – gibt also an, wie zusätzlich ein Projekt ist. Je nach Technologie sollte eine Mindestkohlenstoffquote von 10-50 Prozent erreicht werden, um zusätzliche CO2-Einsparungen zu erzielen.
Ein zweiter Schlüsselfaktor für die Ermittlung der Zusätzlichkeit ist der Prozentsatz der Kompensationsbeiträge, die direkt für Minderungsprojekte ausgegeben werden. Keiner der oben genannten Standards schreibt eine Dokumentation der Mittelverwendung vor. Transparenz und Kontrolle darüber, wie Geld ausgegeben wird, können nur erreicht werden, wenn die Projektentwicklung, die Finanzierung und der Betrieb gemeinsam durchgeführt werden. Da atmosfair eigene Klimaschutzprojekte betreibt, können wir die Projektkosten detailliert nach Kategorien aufschlüsseln und dokumentieren sowie die Kosten durch den Verzicht auf Zwischenhändler niedrig halten. Wir haben das Ziel, 90 Prozent unserer Einnahmen für die Förderung unserer Projekte zu erbringen, konsequent erreicht.
Die richtige Technologie – zur richtigen Zeit – für jede Community
Um die globale Erwärmung wirksam zu bekämpfen, müssen wir schnell die CO2-Emissionen reduzieren. Dies bedeutet, dass wir uns auf Klimaschutztechnologien stützen, welche für die Entwicklungsphase und die Ziele der einzelnen Länder und Gemeinden, mit denen wir zusammenarbeiten, geeignet sind. Maßnahmen, die sicherstellen, dass Klima- und Entwicklungsziele aufeinander abgestimmt sind, fördern die Akzeptanz und Annahme sauberer Technologien und erhöhen die Chancen, dass Investitionen wirksam und nachhaltig sind – Grundpfeiler einer wirksamen Kohlenstoffdioxidminderung. Um dies zu erreichen, verwenden wir Technologien, die an die lokalen Gewohnheiten angepasst sind, und bieten langlebige Produkte, die jahrelang CO2 einsparen. Je nach Region kann dies bedeuten, ein lokales Solarnetz aufzubauen oder einzelne Haushalte mit Solar-Home-Systemen auszustatten. Es kann sich um Edelstahl-Öfen oder Lehmöfen handeln, je nachdem, was für lokale Lebensmittel und Begebenheiten am besten geeignet ist. Wir arbeiten mit Organisationen und Interessengruppen vor Ort zusammen, um maßgeschneiderte Pläne für jede Gemeinde zu entwickeln. Dabei beziehen wir lokalen Ressourcen mit ein, um beabsichtigte Effekte zu maximieren und unbeabsichtigte zu minimieren. Wir beziehen lokale Unternehmen ein und fördern regionale Wertschöpfungsketten, um Einkommen und nachhaltige Entwicklung zu generieren. Beispielhaft hierfür sind Senf-Farmen im indischen Bezirk Tonk, auf welchen Senfschalen und -stängel, die bei der Verarbeitung zu Senföl übrig bleiben, bisher nicht genutzt und deshalb verbrannt wurden. Ein Biomassekraftwerk ersetzt nicht nur Kohle durch Senfrückstände, um sauberen Strom zu erzeugen, sondern erhöht auch das Einkommen der Landwirte um 40 Prozent.
Reduzierung technologiebezogener Risiken
Die Wirksamkeit von Klimaschutzprojekten kann durch ungeeignete Technologien und durch unerwünschte negative Auswirkungen beeinträchtigt werden. Hinzu kommt, dass bestehende Standards Projekttypen und -technologien nur unzureichend prüfen. atmosfair greift bei der Bewertung von Projekten auf zusätzliche Kriterien zurück – ein Indiz dafür, dass unser Anspruch jene Standards übersteigt. Zu den Technologien, die wir für ungeeignet halten, um CO2-Emissionen auszugleichen, gehören Aufforstung und Wiederaufforstung, Projekte, die mittels veränderter landwirtschaftlicher Praktiken CO2 binden (Sequestrierung), Windparks (mit Ausnahme von Pionierprojekten oder Parks mit einer Kohlenstoffquote von mindestens 10%), Photovoltaikanlagen der ersten Generation mit Quecksilberlampen oder Bleiakkumulatoren, Kohlenstoffbindung und nicht nachhaltige Biomasse (Gefahr von Engpässen oder Konkurrenz), HCF-23 und SF6, Salpetersäure und Adipinsäure-Ersatz, gentechnisch veränderte Organismen (GVO) und Palmöl.
Einen Schritt weiter gehen: Projekte mit vielen Vorteilen
Neben der Klimaintegrität zielen atmosfair-Projekte darauf ab, die Ziele zur nachhaltigen Entwicklung (SDGs) zu fördern. Einige Beispiele:
- In Indien, wo viele Restaurants und kleine Unternehmen Holzkohle verwenden, vertreiben wir effiziente Holzvergaseröfen. Diese reduzieren nicht nur den Brennholzverbrauch für Haushalte, sondern produzieren auch Holzkohle als Nebenprodukt, die verkauft werden kann, um das Familieneinkommen zu erhöhen. Im Zusammenhang mit diesem Projekt konnten bislang 120 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
- In Nigeria haben wir mit dem Vertrieb von effizienten Öfen begonnen, um den Einsatz von Brennholz zu reduzieren und somit den rapide sinkenden Waldbestand des Landes zu schützen. Um die wirtschaftliche Entwicklung und den Wissenstransfer zu unterstützen, haben wir zudem mit einem lokalen Partner zusammengearbeitet, um Öfen in Nigeria mit lokal erworbenen, teilweise recycelten Materialien zu entwickeln und herzustellen. Unser Ziel ist es, den gegenwärtig manuellen Produktionsprozess durch den Bau einer lokalen Fabrik zu erweitern, um noch mehr Familien mit geringem Einkommen den Zugang zu energieeffizientem Kochen zu ermöglichen.
- In Dar es-Salaam, Tansania, befasst sich atmosfair mit dem Problem potenter Treibhausgase, die durch Mülldeponien verursacht werden. Eine neue Kompostierungsanlage, die im Auftrag der Stadt Hamburg errichtet wurde und voraussichtlich im Jahr 2020 in Betrieb gehen wird, wird organische Abfälle von den Märkten in nährstoffreichen organischen Dünger verwandeln, welcher an lokale Landwirte verkauft werden kann. Auf zwei lokalen Märkten werden zudem Abfallsammelsysteme eingerichtet, um organische Reststoffe zu sammeln – auch hier mit der Option, weitere Märkte zu integrieren.
- Nepal wurde 2015 von verheerenden Erdbeben heimgesucht. Neben der Katastrophenhilfe mit Solaranlagen und Mikrobiogasanlagen hat atmosfair in Zusammenarbeit mit dem forum anders reisen den Grundstein für eine nachhaltige touristische Infrastruktur gelegt. Elf Lodges wurden mit touristischen Annehmlichkeiten und umweltfreundlichen Technologien ausgestattet, um die erste klimafreundliche Wanderung zu ermöglichen, die sich über sieben Dörfer, 46 Kilometer und 7096 Höhenmeter erstreckt.
FlixBus ist ein Akteur für nachhaltige Mobilität: Langstreckenbusse sind eines der klimafreundlichsten Transportmittel. In Kooperation mit atmosfair bietet Flixbus seinen Gästen die Möglichkeit an, die durch die Busfahrt entstandenen Emissionen auszugleichen. Da FlixBus und atmosfair nicht mit dem Status Quo zufrieden sind, arbeiten sie kontinuierlich daran, neue Wege zur Vermeidung von CO2-Emissionen zu finden und die Branche voranzutreiben. In Zusammenarbeit mit atmosfair und dem Energieversorger Greenpeace Energy debütierte FlixBus 2018 den ersten elektrischen Langstreckenbus in Deutschland. Neben emissionsfreien Fahrten wurden im Rahmen dieses Transformationsprojekts zudem die Installation von Ladestationen finanziert und die Funktionsfähigkeit von Elektro-Fernbussen demonstriert.
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Die atmosfair-Projektstandards können Sie im Detail nachlesen in unserer Broschüre „Projekte zur CO2-Kompensation: Unsere Ansprüche für den Klimaschutz“.